Nachhaltigkeit kommunizieren

Annika Kaltenthaler spricht im Circle-Magazin über den Weg zur Naturland-Kampagne.

Insight | 15. November 2022

Mit einer ungewöhnlichen Kampagne ging Naturland kürzlich an den Start: Stark reduzierte Packshots auf großzügigen Farbflächen – das Bio-Segment wurde hier für Zeitungsanzeigen, Großflächen und Social-Media-Kanäle visuell neu definiert.

Wie so oft begann auch bei Naturland alles mit einer Idee. Zehn Pioniere gründeten 1982 Naturland mit der Vision einer ökologisch-sozialen Landwirtschaft, deren Grundlage fruchtbare Böden und eine natürliche Vielfalt sind. Solidarisch zu wirtschaften, nicht an den Grenzen haltzumachen und über den Tellerrand hinauszusehen – diese anfänglichen Werte leiten Naturland mit inzwischen weltweit rund 140.000 Bäuerinnen und Bauern sowie über 1000 Partner*innen aus Verarbeitung, Handel und Gastronomie noch heute. Dass „Bio“ einmal diese Bedeutung für Verbraucher*innen erlangt, wie es inzwischen der Fall ist, konnte einst noch niemand ahnen. Weit weg ist man in diesem Marktsegment inzwischen vom Öko-Image der Achtziger, vom Sandalen- und Jutebeutel-Bild. Doch mit wachsender Nachfrage nach ökologischen Produkten stieg proportional auch die Ungewissheit: Ist wirklich Bio drin, wo Bio draufsteht? Und das zog wiederum ein weiteres, bekanntes Phänomen nach sich – diverse Bio-Siegel wurden aus der Taufe gehoben, was die Verwirrung nicht unbedingt beseitigte. Denn auch bei näherer Betrachtung werden die unterschiedlichen Schwerpunkte und Inhalte der jeweiligen Zertifizierung nicht immer für Verbraucher*innen deutlich. Als etabliertes Siegel mit bekanntermaßen sehr hohen, ganzheitlichen ökologischen und sozialen Standards kann Naturland bei kritischen Konsument*innen nach wie vor auf das aufgebaute Vertrauen setzen.

Aber dennoch heißt es auch hier, stets am Bewusstsein zu rütteln, um die nachhaltige Landwirtschaft in allen Facetten weiter auszubauen. Mit einer ungewöhnlichen Awareness-Kampagne, die nicht nur das Siegel, sondern zudem die vielen Partner*innen und Erzeuger*innen in den Fokus rücken möchte, ist solch ein visueller Weckruf gelungen. Entwickelt wurden sie von der Agentur Zeichen & Wunder in Kooperation mit modem conclusa, media + more sowie dem Team der Naturland Zeichen GmbH realisierte sie einen medienübergreifenden Auftritt.

Im Gattungsmarketing ist es schwierig, unterschiedliche Bedürfnisse auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Was war das Ziel der Kampagne?

Naturland sowie das eigene Naturland- und Naturland-Fair-Zeichen sollen relevanter, bekannter und präsenter werden. Dabei sollte zugleich die Rolle Naturlands als Treiber der ökosozialen Transformation sowohl bei Konsument*innen als auch bei potentiellen Partner*innen deutlich kommuniziert werden. Wir haben empfohlen, ein klares Konzept mit dem Fokus auf Naturland zu entwickeln. Dafür sollte alles, was die Marke sagt, konsequent und einfach abgebildet werden. Und hier war die Herausforderung im ersten Schritt: Wie ist die Marke charakterisiert? Mit welcher Tonalität sprechen wir? Wollen wir personalisieren? Nach welchen Regeln und welche Inhalte wollen wir vermitteln? Und natürlich: Wie erschaffen wir ein eigenes spannendes Kampagnen-Design?

Wie seid ihr an das gestalterische Konzept herangegangen?

Zunächst gab es einen kollaborativen Workshop mit Naturland und als Ergebnis eine Markenskizze, die eine erste Hypothese abbildete, wo die Marke in Zukunft stehen soll. Nicht also „was“ sie macht, sondern „wie“. Diese Untersuchung war die Basis für die Entwicklung der Kampagne. Die unmittelbare Aufgabe, die sich anschloss, war die Verdichtung der vielen vorhandenen Botschaften zu dem konkreten Nutzen-Versprechen in einfachen, sympathischen, sofort verständlichen Botschaften und Bildern.

In Design-Sprint-Formaten wurden mehrere Ansätze entwickelt, wobei unser erster Fokus auf der Konzeption lag. Wir haben versucht, Klarheit mit Poesie und Verantwortung mit Genuss in unterschiedlichen Gewichtungen und visuellen Auflösungen zu verbinden. Mal mit dem Fokus auf dem Bild oder der Illustration, mal eher auf der Headline, um herauszufinden, welcher Weg der richtige ist.

Nun ist es eine sehr reduzierte Lösung geworden…

Ja, der puristische Ansatz war sofort der klare Favorit. Einer der Hauptgedanken war hier, die Marke als Absender mehr in den Mittelpunkt zu stellen und ihre Leistung dadurch stärker zu betonen. Die Kampagne zeigt ein jüngeres, mutiges und sehr einladendes Bild von Naturland – und kommuniziert dies glaubwürdig und differenzierend.

Die Darstellung der Produkte ist dabei ungewöhnlich.

Die Idee war, das Produkt ganz pur nur mit Label zu zeigen, denn bei Naturland geht es um das, was „drin“ ist. Die Motive visualisieren somit den qualitativen Unterschied, den das Naturland-Zeichen in der Wahrnehmung der Produkte macht. Ins Auge sticht dabei die selbstbewusste Farbgebung im Zusammenspiel mit Packshots und einprägsamen Headlines, die auf den Punkt bringen, wofür Naturland und seine Partner*innen stehen: eine umfassend nachhaltige, ökologische Lebensmittelerzeugung, die Ressourcen schont, kleinbäuerliche Strukturen fördert und fair mit allen Beteiligten umgeht.

Welchen Stellenwert nimmt bei euren Kunden Nachhaltigkeit generell und er Kommunikation ein? Und muss man diesen Wert inzwischen anders visualisieren als es noch vor zehn Jahren der Fall war?

Nachhaltigkeit ist omnipräsent. Bei allen Auftraggeber*innen ist das inzwischen ein Thema, vor zehn Jahren war das nur bei jenen der Fall, die selbst nachhaltige Produkte anboten. Und selbst wenn noch nicht jedes Produkt strenge Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, machen sich mittlerweile fast alle auf den Weg und kümmern sich zum Beispiel um Nachhaltigkeit im Unternehmen an sich. Toll ist, dass wir in unseren Umfragen und Interviews feststellen, dass Nachhaltigkeit häufig stark von den Mitarbeiter*innen eingefordert wird. Hier werden oft interne Gruppen gebildet, die sich ganz konkret um das Thema kümmern. Unsere Überzeugung ist, dass Unternehmen in der Kommunikation nur glaubwürdig mit dem Thema umgehen können, wenn tatsächliche Taten dahinterstehen und nicht nur allgemeine Worthülsen eingesetzt werden. Nur dann ist es authentisch – Kund*innen haben hier ein ganz feines Gespür.